2. Oktober 1988
Aktion des Bundesverbandes Bildender Künstler Baden-Württemberg
Die Künstlerinnengruppe Schwarze Schokolade beteiligte sich mit einer Gruppenperformance und inszenierte den Wanderparkplatz am Eingang zum Eselsburger Tal in Herbrechtingen bei Heidenheim Schwäbische Alb.
Beteiligt 9 KünstlerInnen,1 Lichtkünstler
Sich einfühlen in den Ort – die Schwingung aufnehmen – mit vorgefundenen Materialien arbeiten – ein Tor gestalten aus Wachstumsformen – Zweige und äste verflechten – ein Durchgang – Transformation.
Filigranes Netzwerk, durch das der Himmel scheint – Blau und Gold – ausgerichtet nach der Sonne. Im Tor der Garten – Meditationsplatz.
Den Blick nach innen öffnen – in „EIN-Klang” kommen.
Projektbericht:
Mit der Teilnahme an der Aktion Kunst bis an die Grenzen im „Ländle” erfüllte sich für mich ein alter Wunsch – meiner Heimat meinen tiefen Dank zu sagen, für die Wurzelkraft, die ich als Kind aus dieser sonnendurchwärmten Kalksteinlandschaft der Schwäbischen Alb gewonnen habe.
Der 2. Oktober Ernte Dank passte ganz gut.
Jetzt wohne ich seit 1962 in Berlin – aber da haben die Sueben (Schwaben) auch schon mal gesiedelt, bevor sie sich für die wärmere Alb entschieden. Und Heidenheim ist auch eine alte Kulturstätte – Hallstadt-Gräberfeld.
Ich wollte es ganz bewusst nicht als Einzelkünstlerin machen, sondern ganz klar mit meinen Gefährtinnen, den Künstlerinnen der Schwarzen Schokolade.
Daß trotz der langen Anfahrt alle kamen - aus Zürich, aus Frankfurt/Offenbach, aus Tübingen,Urach und Berlin – Chris aus Köln war in Kempten gelandet, konnte aber am Sonntag ihren Beitrag aufbauen – war schon etwas Besonderes.
KENNENLERNEN – KONTAKT – AUSTAUSCH mit anderen KüNSTLERN.
Das als Anregung für nächste Planungen – nicht alles auf einen Zeit-Punkt eingrenzen:
„Ich selbst war schon am Dienstag angereist. Ein wesentlicher Programmpunkt stellte für mich das Arbeiten mit Materialien vor Ort dar und dafür brauchte es Zeit.
Bei Albrecht Britz, Künstler in Steinheim - wir haben uns auf der Dokumenta kennen gelernt - fand ich liebevolle Aufnahme und trotz seiner Arbeitsüberlastung alle erdenkliche Unterstützung.
Ohne seine Hilfe bei der Information der Presse und die tatkräftige Mithilfe seiner Künstlerfreunde „Singende Würmer” beim Aufbau wären wir sicher mit einem sehr leeren Gefühl in Bezug auf Aufwand und Echo wieder abgezogen.
So ergab sich durch diese unvermutete Zusammenarbeit mit ortsansässigen Künstlern etwas von der Qualität, die von einer so groß angelegten Aktion erwartet werden konnte:
Meinem Wunsch, die Bevölkerung mit Witz, Phantasie und Tradition zum Mitmachen an diesem Erntedankfest zu bewegen, konnte ich trotz all meiner Redekunst nicht verwirklichen.
Aber es gab eine Menge interessanter Gespräche über Naturschutz und – nutz.
Alles ist verplant, es gibt gar keine Möglichkeit, die Natur als eigenständige Wesensform zu erfahren, von der wir nun mal abhängig sind, physisch und psychisch.
Bauer Hof kam extra mit einer Fuhre schönster Strohballen für den Erntetisch angefahren – als Sitzbänke waren sie sehr angenehm – und brachte nicht nur seine 4 Kinder als Helfer mit, sondern auch noch seine schönsten Kartoffeln und einen Sack Weizen – äpfel, Pflaumen, Honig – es war ganz schön bunt.
Ein anderer Bauer holte mit seinem Traktor die äste für mein Sonnentor aus dem Wald – den Bauern sei Dank.
Sie sind auch nicht gerade begeistert von der Form wie sie von Naturschutz betroffen sind. Zwischen übergangenwerden und den letzten beißen die Hunde sind sie auch Opfer einer verfehlten Prosperitätspolitik. Einige wissen nicht wohin mit der Jauche, weil Herbrechtingen im Wasserschutzgebiet liegt, andere dürfen im Sinne von Landschaftschutz ihre Feldwege nicht mehr befestigen, so dass sie mit ihren großen Traktoren nicht auf ihre Felder kommen.
Auf der anderen Seite werden kilometerweise Radwege für die Freizeitgesellschaft angelegt - „Zoo-Effekt”.
Es gab eine Menge Erfahrungsschnittstellen: Stadt/Land, Kunst/ökologie und Alltag.
Aufbau:
Als Material bekam ich vom Forstamt genehmigt, die äste einer lang aufgeschossenen Ulme. Sie war in einer Douglasiensiedlung gewachsen und wurde dort ausgeschlagen.
Schöne lange schwarze Äste, fein verzweigt und an den Enden belaubt.
Am Boden liegend wurden sie zusammen geflochten und gebunden. Es fügte sich zu einer fast gotischen Bogenform.
Beim Aufrichten ergaben sich dramatische Momente.
Glanzlicht der Aktion war fraglos das „Sonnentor” von Rotraud Damerau-von der Heide. Ein aus Zweigen und ästen zusammengesetztes Gebilde verursachte zunächst Angstschweiß auf der Stirn der Künstlerin. Eine ganze Armada von Helfern versuchte anfangs vergeblich, das Baumtor aufzustellen. Als es dann glücklich mit Seilen und Heringen im Boden verankert war und in seiner Pracht erstand, war es der „Star” der Performance.
Es wurde dann auch kein richtiges Tor, eher ein mythologisches Gebilde und erweckte Assoziationen an den Schmerz der Geburt – allein schon durch seine Form, die an ein menschliches Becken erinnerte…. Die Aktion war letztlich ein Erfolg. Herbrechtingen und der ganze Kreis Heidenheim erlebten etwas wahrlich nicht Alltägliches….In der Provinz sind solche Aktionen wie die Landschaftsinstallation der „Schwarzen Schokolade” schließlich die „Schokoladenseite des künstlerischen Lebens”. Jetzt hat uns der Alltag wieder. Text: Christof F. Saur
Das Tor machte in der Nacht noch eine Transformation durch.
Ein Spannseil wurde durchschnitten. Es sah schön aus, ich konnte es akzeptieren.
Der halbe Bogen legte sich auf die Erde. Das gab Sinn – es entstand eine Herzform – der Kreislauf, die Verbindung von Himmel und Erde war geschlossen.
Kein Grund zum ärgern – es
ist interessant was passiert.